Vor nichts
haben die Deutschen mehr Angst als vor Pflegebedürftigkeit: Für 82 Prozent ist
die Vorstellung, einmal auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein, mit Abstand
die größte Sorge für die persönliche Zukunft. Entsprechend sehen die Menschen
auch in diesem Punkt sehr großen Vorsorgebedarf. Nur: Für nichts wird in
Deutschland so wenig finanziell vorgesorgt wie gerade für den Pflegefall. Zu
diesem Ergebnis kommt die „Continentale-Studie 2011“, die auch die Ursachen für
diesen Widerspruch ermittelt hat. Denn der Grund dafür, dass nur zwei Prozent
der Bevölkerung eine private Pflegezusatzversicherung haben, ist eine Mischung
aus unbegründetem Optimismus und fehlender Informiertheit.
Seit geraumer
Zeit steht das Thema „Pflegeversicherung“ regelmäßig auf der Agenda der
politischen Debatten. Ein Grund für die Continentale, diese Problematik in der
aktuellen „Continentale-Studie 2011“ schwerpunktmäßig zu betrachten. Die
Ergebnisse sind deutlich: Mit insgesamt 82 Prozent ist die Pflegebedürftigkeit
die größte Angst der Deutschen. Besonders große Angst haben 52 Prozent der
Bevölkerung – weit mehr als vor Krankheit und unzureichender Rente (je 36
Prozent) oder vor Arbeitslosigkeit (25 Prozent). Davor, berufsunfähig zu
werden, fürchten sich nur 23 Prozent der Menschen in hohem Maße.
Notwendigkeit
zur Vorsorge wird gesehen, getan wird nichts
Vor diesem
Hintergrund überrascht es zunächst wenig, dass 54 Prozent der Deutschen eine
große oder sogar sehr große Notwendigkeit für zusätzliche private Vorsorge
sehen und 51 Prozent meinen, man solle diese Vorsorge möglichst bis zum Alter
von 30 Jahren getroffen haben. Allerdings: Der Vergleich mit der
„Continentale-Studie 2007“, in der die Frage nach dem Vorsorgebedarf zum ersten
Mal gestellt wurde, zeigt, dass die Bedeutung um zehn Prozentpunkte gesunken
ist. Private Vorsorge wird also heute als weniger notwendig angesehen als noch
vor vier Jahren. Und: Die Tatsache, dass mehr als die Hälfte der Deutschen es
für notwendig hält, für den Pflegefall vorzusorgen, hat nichts mit der Realität
zu tun. Denn nur zwei Prozent der Deutschen haben eine Pflegezusatzversicherung
abgeschlossen.
Woran liegt
das? Nicht am Preis, denn 38 Prozent wären bereit, mehr als 25 Euro für eine
Pflegezusatzversicherung auszugeben – eine Summe, die für einen
bedarfsgerechten Schutz in der Regel völlig ausreichend ist. Vordergründig liegt
es auch nicht an mangelnder Informiertheit, denn mehr als die Hälfte fühlt sich
„gut“ oder „sehr gut“ informiert.
Deutsche
fühlen sich gut informiert, sind es aber nicht
Dass die
Deutschen tatsächlich aber wesentlich schlechter informiert sind, als sie
selbst glauben, zeigt sich bei der Frage nach Vorsorgeformen, die sinnvoll
gegen die finanziellen Folgen von Pflegebedürftigkeit schützen. Zwar nennen 77
Prozent die Pflegezusatzversicherung an erster Stelle, aber auch andere
Vorsorgeformen wie die private Rentenversicherung (69 Prozent), Sparen (66
Prozent), die Unfallversicherung (64 Prozent) oder Immobilienbesitz (61
Prozent) werden in hohem Maße als geeignet betrachtet.
Selbst die an
letzter Stelle genannte Kapitallebensversicherung halten noch 52 Prozent der
Deutschen für eine angemessene Absicherung. Für den Pflegefall stellt die
private Pflegezusatzversicherung allerdings die einzige wirklich geeignete
Vorsorgeform da. Alle anderen genannten Absicherungsmöglichkeiten sind entweder
gar nicht heranzuziehen – wie die Unfallversicherung – oder basieren auf
begrenzten Mitteln, die im Pflegefall nicht ausreichen oder schnell
aufgebraucht wären.
Geringe
Absicherung hat keinen konkreten Grund
Auch die
dezidierte Frage, warum keine Pflegezusatzversicherung abgeschlossen wurde,
zeigt keinen konkreten Grund auf, sondern belegt nur eine diffuse
Uniformiertheit. Denn jeweils von mehr als 50 Prozent genannt wurden Gründe wie
„zu teuer“, „Versicherung zahlt im Ernstfall nicht“ oder „ich bin zu jung/zu
alt für eine Pflegezusatzversicherung“.
Darüber
hinaus vertrauen 58 Prozent der Deutschen darauf, dass sie der Partner oder
andere Angehörige pflegen werden – was mindestens angesichts der Scheidungsquote
von 50 Prozent eine unangemessen optimistische Einschätzung darstellt. Diese
Haltung kollidiert zudem mit der größten Sorge beim Gedanken an den Pflegefall:
An erster Stelle steht die persönliche Belastung der Angehörigen (83 Prozent).
Deren finanzielle Belastung fürchten 79 Prozent. Nahezu gleichauf sind die
Befürchtungen, die finanzielle Unabhängigkeit zu verlieren (80 Prozent) und
schlecht medizinisch versorgt zu werden (81 Prozent). Angst vor Vereinsamung
haben 71 Prozent.
Erschreckend
uninformiert
Für Rolf
Bauer, Vorstandsvorsitzender des Versicherungsverbundes Die Continentale, sind
diese Ergebnisse besorgniserregend: „In keinem Bereich ist die private
Absicherung so wenig ausgebaut wie in der Pflegeversicherung. Das war uns als
Versicherer selbstverständlich schon vor unserer Bevölkerungsbefragung bekannt,
wir konnten über die Gründe bislang allerdings nur mutmaßen.
Die
Continentale-Studie zeigt allerdings in einer erschreckenden Klarheit, wie groß
die Uninformiertheit der Deutschen tatsächlich ist. Denn es gibt ja keinen
belegbaren Grund für die mangelnde Vorsorge, sondern nur ein diffuses
Meinungsbild, das auf Unwissen basiert. Angesichts der Kostenexplosion im
Bereich Pflege, die durch den demografischen Wandel und der damit verbundenen
wachsenden Zahl an Pflegebedürftigen unweigerlich auf uns zukommt, müssen
Versicherer und Vermittler, aber auch die Politik, eindeutig noch stärker
aufklären. Denn wie auch immer eine Reform der Pflegepflichtversicherung
aussehen wird: Ohne private Zusatzversicherung wird es in Zukunft eine
angemessene und würdige Pflege nicht mehr geben.“
Hintergrundinfos
zur Studie:
Die
„Continentale-Studie 2011“ wurde, wie schon in den vergangenen Jahren, in
Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut TNS Infratest umgesetzt. Die
Studie wird seit dem Jahr 2000 jährlich durchgeführt und beschäftigt sich stets
in einem Schwerpunktteil mit aktuellen Fragen des Gesundheitswesens. Zur
„Continentale-Studie 2011“ wurden bundesweit repräsentativ 1297 Personen befragt.
(ir)
Quelle: FONDS
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